Systemische Beratung
Der Ursprung der Systemischen Beratung/Therapie liegt in der Familientherapie der 1950er Jahre. Der Behandlungsansatz war damals, dass es eine:n “Problemträger:in” gibt, der behandelt werden muss. Heute ist die Sicht, dass es ein "Problemsystem” gibt, also das „Problem“ aus den Wechselwirkungen innerhalb eines Systems entsteht. Ein System bedeutet ein sozialer Zusammenhang oder Kontext, wie z.B. Familie, Kollegium oder Gartenverein. Jedes System strebt nach Gleichgewicht (Homöostase) und verändert sich ein Systemanteil versucht sich das System zu regulieren. Dadurch verändert sich das Verhalten, Denk- und Kommunikationsmuster aller Beteiligten.
Der Fokus ist, die Erforschung der Bedeutung des “Problems” für die Personen im jeweiligen Beziehungskontext - nicht die Ursachenklärung.
Entsprechend dem Konstruktivismus hat jede:r eine individuelle Vorstellung von “Wirklichkeit”. Auch Sprache konstruiert/erschafft Gefühle und Vorstellungen, z.B. das Wort “Problem” ist allgemein negativ besetzt. „Herausforderung“ oder „Entwicklungschance“ eher neutral bis positiv.
Das Ziel der Systemischen Beratung/Therapie ist, Menschen dazu zu animieren eine Welt zu konstruieren, die weniger leidvoll ist. Die Methode ist die Dekonstruktion von Wirklichkeiten, z.B. durch Fragen: „Was würden Sie am meisten vermissen, wenn das Problem plötzlich weg wäre?“ oder die Verschreibung eines Symptoms: „Morgen um 15:00 verabreden Sie sich mit sich selbst, um eine Stunde lang depressiv zu sein.“ Perturbation (Verstörung) unterbricht gewohnte Muster und diese Irritation kann zu einer anderen Sicht- und Handlungsweise führen.
Grundhaltung
- Neutralitätsprinzip: die wertfreie Annahme der Wirklichkeiten von Klient:innen
- Klient:innen in ihren Systemzusammenhängen sehen
- Allparteilichkeit: unparteiisch bleiben gegenüber allen Systempartner:innen
- Es gibt einen guten Grund/Sinn für ein Verhalten
- Konflikte und Verhaltensauffälligkeiten werden als Lösungsversuche des Systems gewürdigt
- Menschen/Systeme können eigene Lösungen entwickeln
- Berater:innen wissen die Lösung nicht - auch sie vertrauen dem Prozess
- Jede Intervention, die zu einer Veränderung im Verhalten, Denken, Fühlen oder Wahrnehmen führt, kann eine Lösung begünstigen
- Ausnahmen sind Vorboten von Lösungen "Wann war das Problem kleiner?" "Was war da anders?"
- Lösungssprache: positiv, zukunftsorientiert, Entwurf von Alternativen
- Vergänglichkeit/Veränderlichkeit von Problemen verdeutlichen: “Mal angenommen wir finden eine Lösung, was wäre dann anders?”
- Wertschätzung, Empathie, Respekt, Interesse und Neugier
- Es werden ablehnbare Angebote gemacht: Hypothesen, Ideen, Assoziationen, Deutungen, etc.
- Orientierung an Ressourcen (Überlebensdiagnostik)
- Es reicht den Schlüssel zu finden, die Komplexität des Schlosses muss nicht verstanden werden
- Emotionen systemisch verstehen: gelernte Muster von Nähe & Distanz – Autonomie & Bindung
Grundhaltung
- Bewusstmachen von Zusammenhängen & Prozessen
- die momentane Situation mit Abstand betrachten
- Andere Perspektiven ausprobieren
- Möglichkeitsräume erweitern & Alternativen entwickeln
- Anstoßen neuer Wirklichkeitsdefinitionen
- neue Handlungsmöglichkeiten entdecken
- Bestenfalls Auflösen von Problemsystemen